Versicherungen tricksen bei Unfallschäden
Im Jahr 2020 ereigneten sich in Deutschland laut Straßenverkehrsunfallstatistik 2.245.245 Verkehrsunfälle. Wenn Sie unverschuldet in einen Autounfall verwickelt werden, übernimmt die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung die Regulierung Ihrer Schäden. Leider kommt es häufig vor, dass Versicherungen tricksen und die Zahlungen an Geschädigte möglichst gering halten möchten. Wir zeigen Ihnen, mit welchen Tricks Sie rechnen müssen und wie Sie sich erfolgreich zur Wehr setzen.
Das Wichtigste in Kurzform
- Schalten Sie auch bei kleinen Schäden einen Fachanwalt ein.
- Überlassen Sie die Begutachtung keinesfalls dem Gutachter der gegnerischen Versicherung.
- Viele Kürzungen sind nicht rechtmäßig und häufig wird pauschal eine Mitschuld unterstellt.
- Eine Nachbesichtigung darf die Versicherung nur aus triftigen Gründen verlangen.
- Liegt keine Mitschuld vor, trägt die gegnerische Versicherung die kompletten Kosten für Ihren Anwalt und den Gutachter.
Vorsicht vor dem Erstkontakt
Trick 1: Sie müssen keinen Anwalt einschalten
Viele Gerichte sehen es als unverzichtbar an, selbst bei kleinen Schäden rechtlichen Beistand zu suchen, dies geht beispielsweise aus Urteilen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (siehe Az. 22 U 171/13) und des Amtsgerichts Dortmund (siehe Az. 431 C 2044/09) hervor. Ein erfahrener Anwalt für Verkehrsrecht steht Ihnen beratend zur Seite und informiert Sie umfassend zu den weiteren Schritten. Nach einem Unfall sind neben der Erstellung des Gutachtens in der Regel zusätzliche Aspekte wie beispielsweise Schmerzensgeld, Nutzungsausfallentschädigung, Wertminderung und weitere Punkte relevant. Es kommt häufig vor, dass die gegnerische Seite von der anwaltlichen Unterstützung abrät, da dies angeblich den Ablauf erschweren würde. Diese Behauptung entspricht jedoch keinesfalls der Wahrheit. Als Geschädigter haben Sie das Recht, einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung Ihrer Interessen zu beauftragen. Wenn Sie keine Teilschuld tragen, muss die gegnerische Versicherung die Rechtsanwaltskosten vollständig übernehmen.Trick 2: Wir schicken unseren Gutachter
Bei kleineren Schäden genügt meist ein Kostenvoranschlag Ihrer Werkstatt. Ab einer Schadenhöhe von 1.000 Euro können Sie in der Regel einen Gutachter beauftragen, vereinzelt haben einige Gerichte diese Grenze auch bei 1.500 Euro angesetzt. Diese Bagatellgrenze gilt jedoch nicht mehr, wenn der Versicherer im vorab eingereichten Kostenvoranschlag einzelne Positionen kürzt. In diesem Fall sind Sie dazu berechtigt, einen Sachverständigen zu beauftragen (siehe Urteil des Amtsgerichts Bamberg, Az. 0102 C 569/14). Lassen Sie sich keinesfalls auf den Vorschlag ein, dass ein von der gegnerischen Versicherung beauftragter Gutachter Ihren Schaden besichtigt. In der Regel besteht zwischen diesem Sachverständigen und dem Versicherungsunternehmen ein Kooperationsvertrag, er handelt somit ausschließlich im Sinne seines Auftraggebers. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er den begutachteten Schaden geringer bewertet, damit der Versicherer Kosten einspart. Nach einem Unfall steht einem Geschädigten die Wahl eines freien Sachverständigen zu. Ein unabhängiger Gutachter handelt in Ihrem Interesse und wird daher ein seriöses und korrektes Gutachten erstellen. Wenn die Schuld alleine beim Unfallverursacher liegt, trägt dessen Kfz-Haftpflichtversicherung die kompletten Kosten des Sachverständigen.Trick 3: Lassen Sie das Fahrzeug in unserer Partnerwerkstatt reparieren
Nehmen Sie diesen Vorschlag keinesfalls an. Das Schadenmanagement der Versicherer setzt zur Kostenersparnis neben dem eigenen Gutachter häufig auch auf eine Partnerwerkstatt. Es kommt vor, dass von einer freien Werkstatt die Rede ist, die angeblich unabhängig arbeitet. Vertrauen Sie den vollmundigen Anpreisungen nicht und wählen Sie selbst die Reparaturwerkstatt Ihres Vertrauens aus. Bei den angepriesenen Werkstätten handelt es sich in der Regel um Partnerunternehmen, die ausschließlich die Interessen des Versicherers vertreten. Hier zählt in erster Linie ein möglichst günstiger Preis, die Qualität der Arbeit spielt jedoch keine Rolle. Unsachgemäße Reparaturen und der Einsatz von gebrauchten Ersatzteilen sind keine Seltenheit, da die günstigen Werkstattpreise andernfalls meist nicht zu halten sind. Geschädigten steht die freie Werkstattwahl zu, Sie sollten daher keinesfalls das Angebot des gegnerischen Versicherers annehmen. Suchen Sie besser Ihre Wunschwerkstatt auf, die eine gute Qualität zum angemessenen Preis anbietet.Trick 4: Unser Gutachter nimmt eine Nachbesichtigung vor
Wenn Sie einen eigenen Sachverständigen beauftragt haben, kommt es häufig vor, dass die gegnerische Versicherung einen eigenen Gutachter mit einer Nachbesichtigung beauftragen möchte. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn triftige Gründe vorliegen. Das Argument, dass das erste Gutachten unklar sei, reicht jedoch als Begründung nicht aus (siehe Urteil des Landgerichts Berlin, Az. 42 0 22/10). Liegen keine triftigen Gründe vor, müssen Sie somit auch kein Gegengutachten zulassen. Dies wird Ihnen auch Ihr Anwalt bestätigen.Trick 5: Sie tragen eine Mitschuld
Lassen Sie sich keinesfalls einschüchtern oder zum Eingeständnis einer Teilschuld drängen. Ziel dieser Masche ist es, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Einige Versicherer betrügen Geschädigte ganz bewusst und suggerieren, dass die Schuldfrage nicht geklärt sei. Füllen Sie am Unfallort unbedingt einen Unfallbericht aus und fotografieren Sie die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen. Im Zweifelsfall kann es zudem sinnvoll sein, die Polizei zu anzurufen. In den meisten Fällen kann ein fachgerechtes Sachverständigengutachten das Unfallgeschehen plausibel untermauern und wichtige Hinweise zur Schuldfrage liefern. Schalten Sie einen Fachanwalt für Verkehrsrecht ein, der Ihnen bei der Klärung der Schuldfrage zur Seite steht und eine reibungslose Schadenregulierung ermöglicht.Trick 6: Ihr Fahrzeug ist ein Totalschaden
Viele Versicherer sind schnell dazu bereit, einen Totalschaden zu attestieren. Dann lohnt sich jedoch in jedem Fall ein genauer Blick auf die Berechnung, denn häufig werden die Reparaturkosten künstlich hoch angesetzt, während der Wiederbeschaffungswert gerne eher gering kalkuliert wird. Schlägt die Versicherung eine Abrechnung auf Totalschadenbasis vor, erhalten Sie die errechnete Differenz aus Wiederbeschaffungswert und Restwert. Letzterer fällt dann in der Regel relativ großzügig aus. Diese Vorgehensweise zielt ausschließlich darauf ab, die Regulierungskosten zu senken. Sollte wirklich ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegen, können Sie sich in vielen Fällen auf die 130-Prozent-Regel berufen und dennoch eine Reparatur durchführen lassen. Falls die Reparaturkosten nicht mehr als 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert liegen, ist eine Reparatur somit möglich. Lassen Sie sich diesbezüglich von Ihrem Rechtsanwalt beraten.Trick 7: Es wurden Kürzungen vorgenommen
Wenn Sie einen Kostenvoranschlag oder ein Gutachten einreichen, kommt es häufig zu Kürzungen. Viele Geschädigte wissen nicht, dass viele Versicherer die Prüfung dieser Dokumente externen Unternehmen überlassen, die spezielle Computersysteme nutzen, um bewusst Kosten einzusparen. Die Software nimmt zahlreiche Kürzungen vor, die in vielen Fällen ohne jegliche Rechtsgrundlage erfolgen. Besonders häufig kommt es bei folgenden Positionen zu Kürzungen:- Kleinteile bzw. Kleinteilpauschale
- Kosten für die Ausfertigung des Kostenvoranschlags
- Kosten einer Markenwerkstatt
- Anmeldekosten
- Verbringungskosten
Fazit
Viele Versicherungen tricksen, um die Regulierungskosten möglichst gering zu halten. Als Geschädigter sollten Sie daher selbst bei kleinen Schäden einen versierten Fachanwalt konsultieren. Sie benötigen ein Gutachten oder haben Fragen zur Schadensregulierung? Wenden Sie sich vertrauensvoll an uns, wir sind gerne für Sie da!